Bikesharing: Test von Preisen, Verfügbarkeit, Fahrerlebnis und Sicherheit

Bikesharing: Test von Preisen, Verfügbarkeit, Fahrerlebnis und Sicherheit
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Vor allem in großen Städten sieht man sie an jeder Ecke stehen: Leihfahrräder. Über eine mobile App gebucht, kann das Rad für die Dauer der Miete mitgenommen werden, um den Arbeitsweg zu erleichtern, den Einkauf zu transportieren, oder auch nur eine kleine Tour zu unternehmen. So weit, so praktisch. Aber wie schlagen sich die Verleihdienste im Alltagstest? Wer hat die günstigsten Preise, die komfortabelste App und die besten Bikes? Die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV) hat fünf Bikesharing-Anbieter unter die Lupe genommen und sowohl Laien als auch Experten zur Probefahrt gebeten.

Folgende Apps wurden in die Tests eingeschlossen:

  • Call a Bike (Deutsche Bahn)
  • Donkey Republic bike rental
  • JUMP – by Uber
  • Nextbike
  • Mobike Global

Die Testkriterien wurden in vier Haupttestbereiche untergliedert und unterschiedlich gewichtet:

  1. Fahrerlebnis & Sicherheit: Wie gut lassen sich die Fahrräder bedienen? Sind die Fahrräder verkehrstauglich und in gutem Zustand? (50% des Gesamtwertes)
  2. Preise & Konditionen: Wie viel kosten Fahrten je Dauer und Fahrzeug? Welche weiteren Gebühren fallen an? (30% des Gesamtwertes)
  3. Verfügbarkeit: Wie gut ist die Verfügbarkeit an einzelnen Standorten? (10% des Gesamtwertes)
  4. App-Komfort: Wie benutzerfreundlich ist die App? Funktioniert die Ausleihe schnell und reibungslos? (10% des Gesamtwertes)

Routinierte Experten beurteilten die Fahrsicherheit von jeweils zwei Rädern pro Anbieter. Geschulte und verdeckte Tester führten an verschiedenen Standorten Probefahrten für jeweils fünf Räder durch und bewerteten das Fahrerlebnis, die Sicherheit sowie den Registrierungs- und Ausleihvorgang.

Regionale Unterschiede in der Verfügbarkeit

Ausschlaggebend für die Wertung der Bikesharing-Dienste war unter anderem die Verfügbarkeit der Räder. Erst durch kurze Wege und schnelles Auffinden eines Fahrrads kann das Angebot effektiv als Alternative zu anderen Verkehrsmitteln genutzt werden.

Alle Anbieter im Test arbeiten zumindest an einigen Standorten mit dem „Free-Floating“-Modell. „Free-Floating“ bedeutet, dass Fahrräder frei im Geschäftsgebiet eines Anbieters ausgeliehen und auch wieder abgegeben werden können. Auffindbar sind die Fahrzeuge via Smartphone-App. Call a Bike und Nextbike setzen an den meisten Standorten auf das stationäre Modell: Sie stellen die Bikes nur an bestimmten Stationen im Stadtgebiet zur Verfügung. Nur dort können sie entliehen und nach Gebrauch auch wieder ohne Zusatzkosten abgegeben werden.

Hinsichtlich der generellen Verfügbarkeit des Angebots in deutschen Städten waren die Anbieter recht unterschiedlich aufgestellt. Während es Nextbike-Räder in fast 70 Städten gibt, kann man JUMP-Bikes nur an zwei Orten ausleihen.

Noch wichtiger ist dagegen die praktische Verfügbarkeit pro Stadt. Um diese zu testen, wurden in drei Städten sechs Adressen definiert – jeweils drei zentrale, stark frequentierte Orte und drei zufällige Punkte. In einem definierten Umkreis wurde nun die Anzahl der verfügbaren Fahrräder erhoben. Das Resultat: Während einige Anbieter sich eher auf die belebteren Regionen konzentrierten, bemühten sich andere, überall für Mobilität zu sorgen.

Mit einer guten Verfügbarkeit sowohl in einer Vielzahl deutscher Städte als auch an den geprüften Adressen entschied Nextbike den Sieg in dieser Kategorie für sich, dicht gefolgt von Call a Bike.

Günstig von A nach B?

In der Tarifanalyse wurden die günstigsten Preise für insgesamt 5 Nutzungsszenarien mit einer Nutzungsdauer von einmalig zehn Minuten bis zu 40 Buchungen im Monat analysiert. Verglichen wurden die Tarife ohne bzw. mit der geringsten monatlichen Grundgebühr. Je nach Verfügbarkeit beim Anbieter wurden Preise für Fahrräder und E-Bikes ermittelt.

Die über alle Szenarien im Durchschnitt günstigsten Preise bot Call a Bike: Der Anbieter wartete mit verschiedenen Tarifen für die individuelle Situation auf: Eine Einzelfahrt von bis zu 30 Minuten mit dem Fahrrad kostete einen Euro (bei 3€ Jahresgebühr), für das Nutzungsmodell mit 40 Fahrten à zehn Minuten (also z.B. den täglichen Arbeitsweg) wurden insgesamt nur neun Euro pro Monat fällig.

Über die unmittelbaren Nutzungsgebühren hinaus wurden auch die weiteren Konditionen, Registrierungskosten und Gebühren für die Rückgabe außerhalb der Station bzw. Zone gewertet. So bestand etwa bei Mobike die Besonderheit, dass vor der ersten Fahrt ein Betrag von mindestens fünf Euro aufgeladen musste, die Rückzahlung beschrieben die Tester als schwierig.

In der Kategorie Preise & Konditionen platzierte sich Call a Bike auf dem ersten Rang, gefolgt von Nextbike auf Platz zwei.

Benutzerfreundlichkeit auf die Probe gestellt

Hinsichtlich der Transparenz der App-Informationen waren fast alle Anbieter gut aufgestellt. In der JUMP-App war jedoch vor der Registrierung weder ersichtlich, wie die Ausleihe funktioniert, noch was sie kostet oder wo die Geschäftsbedingungen zu finden sind.

Auch beim Buchungskomfort konnten die Anbieter nicht immer überzeugen. Alle Apps boten eine Erklärung dazu an, wie die Fahrräder entriegelt und wo sie abgestellt werden können und es war schnell ersichtlich, wo freie Bikes zu finden sind. Die Preisübersicht war jedoch nur bei einem Anbieter wirklich übersichtlich gestaltet. Zahlreiche Tarifmodelle mit verschiedenen Konditionen sowie ungenaue oder schwer auffindbare Sondergebühren für das Abstellen außerhalb der erlaubten Bereiche machten es dem Nutzer schwer, durchzusehen. Bezahlt werden konnte bei drei Anbietern nur mit Kreditkarte oder einem externen Zahldienstleister.

Die Tester kamen mit der Ausleihe mal mehr, mal weniger gut zurecht. Zwar konnten sie die Fahrräder in den meisten Fällen schnell finden, jedoch dauerte es zum Teil recht lange, durchschnittlich länger als eine Minute, bis die Bikes über die Apps entliehen und entsperrt werden konnten – und noch einmal so lange, bis die Ausleihe nach der Fahrt beendet wurde.

Positiv: Wenn es mal zu Problemen bei Buchung oder Rückgabe kommt oder ein defektes Fahrrad gemeldet werden muss, erlaubt es jede der Apps, sich per Kontaktformular an den Anbieter zu wenden. Drei Apps gaben zudem eine Telefonnummer an.

Den höchsten App-Komfort im Test bewies Call a Bike, knapp vor Nextbike.

Nicht alle Leihräder sind sicher

Doch günstige Preise und eine gute App sind nur dann wirklich von Vorteil, wenn das gewünschte Fahrrad den Nutzer auch heil ans Ziel bringt. Im Test von Fahrerlebnis und Sicherheit erwies sich, was die Bikes wirklich taugen. Das Ergebnis war erschreckend: nicht einmal drei von vier Fahrrädern waren als verkehrssicher einzustufen.

In mehreren Fällen fehlten Vorder-, Rücklicht oder Reflektoren, oder die Bremsen reagierten deutlich zu langsam – diese Defekte führten im Test zur Abwertung. Laut StVZO ist es demnach nicht erlaubt, diese Fahrräder zu bedienen, doch oft fiel den Testern erst beim Losfahren auf, dass etwas nicht stimmte. Es ist also höchste Vorsicht bei der Nutzung der Leihräder geboten!

Während routinierte Experten die Räder auf Herz und Nieren prüften, bewerteten die Laientester auch das Fahrgefühl. Dieses wurde natürlich deutlich beeinträchtigt, wenn die Fahrt nicht so durchgeführt werden konnte, wie erwartet. Zwei von fünf Tester der „Drahtesel“ von Donkey Republic mussten die Ausleihe vorzeitig beenden, denn in einem Fall wurde das Fahrrad mit verbogenem Lenker im Gebüsch aufgefunden im zweiten war jegliche Luft aus den Reifen entwichen. Weiterhin beurteilten die Tester etwa, ob sich die Leihräder gut lenken und mit angemessenem Kraftaufwand fahren ließen und ob die Gangschaltung funktionierte. Alles in allem zeigten sich die Tester damit sehr zufrieden.

Die E-Bikes von JUMP konnten alle Tester überzeugen und holten mit beinahe fehlerlosem Ergebnis den ersten Platz in der Kategorie Fahrerlebnis & Sicherheit. Auch die Fahrräder von Call a Bike und Nextbike holten gute Noten.

Call a Bike Testsieger der Gesamtstudie

Call a Bike erfüllte die gesetzten Kriterien insgesamt am besten und wurde Testsieger, gefolgt von Nextbike und JUMP. Call a Bike punktete dabei mit den günstigsten Preisen und der komfortabelsten App. Nextbike überzeugte durch die beste Verfügbarkeit und gute Ergebnisse in allen Kategorien, JUMP durch die besten Fahrräder im Test.

Die Detailergebnisse der Studie sind gegen eine Schutzgebühr von 1.050 EUR zzgl. MwSt. bei der DtGV (info@dtgv.de) erhältlich.

Ergebnisse einzelne Teilkategorien

Die Ergebnisse der einzelnen Testkategorien des Tests finden Sie hier. Es werden jeweils die Top-3 Anbieter in der jeweiligen Testkategorie aufgezeigt.

Verfügbarkeit

  Anbieter Score Info
1 Nextbike 86% 2,0 | Gut
2 Call a Bike 82% 2,2 | Gut
3 Mobike 77% 2,6 | Befriedigend

Preise & Konditionen

  Anbieter Score Info
1 Call a Bike 96% 1,3 | Sehr gut
2 Nextbike 80% 2,3 | Gut
3 Donkey Republic 68% 3,1 | Befriedigend

App-Komfort

  Anbieter Score Info
1 Call a Bike 84% 2,1 | Gut
2 Nextbike 84% 2,1 | Gut
3 Mobike 78% 2,4 | Gut

Fahrerlebnis & Sicherheit

  Anbieter Score Info
1 JUMP 99% 1,1 | Sehr gut
2 Call a Bike 94% 1,4 | Sehr gut
3 Nextbike 89% 1,7 | Gut