Gesellschaftsspiele im Test: No Return – Es gibt kein Zurück!

Gesellschaftsspiele im Test: No Return – Es gibt kein Zurück!
© moses. Verlag

Wann genau in der realen Welt der „Point of no Return“ überschritten wurde, steht oft erst im Nachhinein fest.

Im Gesellschaftsspiel „No Return“ verhält es sich anders. Hier kann jeder Spieler bewusst den Zeitpunkt setzen, an dem es keinen Weg mehr zurückgibt. Ein interessanter Ansatz – doch trägt er auch als Spielidee? Und ob, lautet die Antwort der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV), die „No Return“ jetzt im Rahmen der Testreihe „Deutschlands beste Spiele 2020“ genauer unter die Lupe genommen hat.


Spielkonzept: Spielst du noch aus oder wandelst du schon in Punkte um?

„No Return“ aus dem moses. Verlag ist ein taktisches Lege- und Sammelspiel, das in zwei Phasen abläuft. Es beinhaltet 132 Steine in sechs verschiedenen Farben, die jeweils zweimal die Zahlenwerte von 1 bis 11 haben.  Das Ziel ist einfach – wer am Ende am meisten Steine in Punkte umwandelt, gewinnt! Dabei muss aber einiges beachtet werden, denn es gilt nicht nur beide Phasen zu meistern, sondern auch ein Gespür für den entscheidenden Moment im Spiel zu haben – den Phasenwechsel. Ist dieser erst vollzogen, gibt es nämlich kein Zurück mehr!

1. Phase: In der ersten Phase geht es darum, sich eine gute Ausgangsposition zu schaffen. Jeder Spieler besitzt acht Handsteine, die er ausspielen oder, wenn sie ihm nicht passen, tauschen kann. Nach jedem Zug wird die Anzahl der Handsteine wieder auf acht aufgefüllt, indem der Spieler die fehlende Menge an Steinen aus einem Stoffbeutel zieht. Getauschte Steine sind aus dem Spiel. Befindet sich kein Stein mehr im Stoffbeutel, ist das Spiel vorbei. Ziel in der ersten Phase ist es, schnell Handelssteine auszuspielen, also auf den Tisch zu legen, denn nur die können später in Punkte umgewandelt werden. Zu beachten ist dabei, dass pro Zug nur eine Farbe ausgespielt werden kann, pro Farbe nur eine Spalte verwendet werden darf und die Zahlen immer in absteigender Reihenfolge abgelegt werden müssen. Es ist daher ratsam, mit einer möglichst hohen Zahl anzufangen.

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Der Phasenwechsel: Im Spiel gibt es keinen vorgeschriebenen Zeitpunkt, wann die erste Phase beendet ist und der Übergang in die zweite erfolgt. Genau diese Entscheidung muss jeder Mitspieler individuell treffen – wodurch das Spiel seinen taktischen Höhepunkt erhält. Entscheidet sich ein Spieler zu früh für den Phasenwechsel, kann es passieren, dass er am Ende nicht auf genügend Punkte kommt. Entscheidet sich ein Spieler zu spät, ist es sehr wahrscheinlich, dass er es nicht mehr schafft, alle in der ersten Phase ausgelegten Steine noch rechtzeitig in Punkte umzuwandeln und deshalb am Ende sogar Minuspunkte erhält. Ein Phasenwechsel muss immer laut angekündigt werden, so dass alle Mitspieler wissen, wann eine Person in die zweite Phase geht.   

2. Phase: In der zweiten Phase gilt es nun, die ausgespielten Steine aus Phase eins abzubauen und so in Punkte umzuwandeln. Dabei verwendet der Spieler wieder seine Handsteine, die erneut nach jedem Zug auf acht aufgefüllt werden. Die Aufgabe besteht darin, die Punktezahl einer Farbe aus den Handsteinen zu addieren und diesem Wert entsprechend eine gleiche oder andere Farbe, die in der ersten Phase ausgelegt wurde, so weit wie möglich abzubauen. Der Wert der abgebaut wird, sind die gutgeschriebenen Punkte. Hier gilt es erneut, einige Regeln zu beachten, denn es muss beispielsweise in aufsteigender Reihenfolge abgebaut werden – und das erneut nur bei maximal einer Farbe pro Zug. Das Spiel ist zu Ende, wenn alle 132 Steine benutzt wurden und der Stoffbeutel leer ist. Dies geschieht mitunter schneller als gedacht. Die vom Verlag geschätzte Spieldauer von ca. 25 Minuten kann dennoch als verlässliche Richtgröße genommen werden.

Spielerlebnis: Alles eine Frage des Timings

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Der Verlag bezeichnet „No Return“ als „spannende Punktejagd“ – und dieser Aussage wird das Spiel auch gerecht. Strategisches Denken, gemischt mit ein wenig Glück beim Steine ziehen sowie ein gutes Gespür für den Phasenwechsel sind die wesentlichen Attribute, die für Kurzweiligkeit sorgen. Genau dieser Mix gefiel den Testern sehr, die den Spaßfaktor des Spiels als überdurchschnittlich hoch bewerteten.

Von „No Return“ geht zudem eine „Ansteckungsgefahr“ der besonderen Art aus: Es ist utopisch zu glauben, in den ersten Runden bereits ein perfektes Spiel hinzulegen und vor allem den optimalen „Point of no Return“ zu finden. Genau hier liegt ein großer Pluspunkt des Spiels. Ist der Spielablauf erst einmal verinnerlicht, sind Lerneffekte quasi in jeder neuen Runde zu spüren, die am Ende dafür sorgen, es unbedingt erneut versuchen zu wollen. Nach und nach erweitert sich dadurch auch das taktische Element. Sind die Spieler am Anfang noch sehr auf das eigene Spiel fokussiert und nehmen den Phasenwechsel dementsprechend vor, so gewinnt der Gesamtkontext von Runde zu Runde mehr an Gewicht – und der Spielfortschritt der Kontrahenten fließt immer stärker in die eigenen Entscheidungen und Züge ein. So ist es durch einen frühen Übergang in Phase zwei z.B. möglich, das Spiel zu beschleunigen und die Kontrahenten unter Druck zu setzen. Während der Testspiele gipfelte die Punktejagd oft in einem packenden Finale, indem die eine Seite das Spielende durch einen leeren Stoffbeutel entgegensehnte, während die andere Seite mit dem letzten Zug noch wichtige Steine in Punkte umwandeln konnte.

Anleitung: Youtube löst Verständlichkeitsprobleme

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Aufgrund des anfänglich durchaus komplex erscheinenden Spielgeschehens von „No Return“ kommt der Anleitung eine wichtige Rolle zu. Die mitgelieferte Anleitung ist dank bildlicher Beispielszenarien sowie einem Kurzüberblick am Ende in puncto Umfang, Anschaulichkeit und Übersichtlichkeit zwar hilfreich, bemängelt wurde jedoch die Verständlichkeit.  Ein Problem war beispielsweise, dass das Ziel des Spiels erst zu spät erläutert wird und sich deshalb bei der Beschreibung der einzelnen Phasen immer wieder die Frage nach dem Warum stellt. Als überaus hilfreich wurde hingegen das Youtube-Tutorial zum Spiel erachtet, das vom Verlag angeboten wird und indem das Spielgeschehen schrittweise in einer sehr anschaulichen Art und Weise erklärt wird. Wünschenswert wäre, wenn in Zukunft der Hinweis zum Tutorial auch eine Erwähnung in der Anleitung findet.

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Ausstattung und Zubehör: Reisetauglich mit hochwertigem Material

Der Spielkarton von „No Return“ ist stabil und robust, die 132 Steine sind hochwertig – und vor allem breit genug, um sich problemlos hochkant auf den Tisch stellen zu lassen. Die Nummerierung wiederum ist groß genug, um die abgebildeten Zahlenwerte schnell zu erkennen. Aber: Der Farbkontrast zwischen rosa und rot ist nicht sehr ausgeprägt, so dass bei nicht ganz optimaler Raumbeleuchtung Probleme auftreten können, beide Farben auseinanderzuhalten. Praktisch hingegen ist der mitgelieferte Beutel, der sich problemlos fest verschnüren lässt, so dass „No Return“ auch ohne Weiteres in jede Ecke des Reisekoffers passt.

Fazit:

Die Bezeichnung als einfaches Lege- und Sammelspiel wird „No Return“ nicht gerecht. Vor allem die hervorragend ausbalancierte Mischung aus Zufall (beim Ziehen der Steine) und der Beeinflussbarkeit des Spielgeschehens durch individuelle Spieltaktiken garantiert eine reizvolle Unvorhersehbarkeit des Spielverlaufs. Kurzum: Hinter „No Return“ verbirgt sich ein abwechslungsreiches Gesellschaftsspiel für alle Altersstufen, das durchaus das Zeug hat, jeden Spieleabend mit Familie oder Freunden zu bereichern.  


Ergebnisse im Überblick

Die Ergebnisse des Gesamtscores sowie der einzelnen Teilkategorien finden Sie hier:

Die angegebenen Score-Werte (Skala: 1 = äußerst unzufrieden bis 10 = äußerst zufrieden) entsprechen den gewichteten Mittelwerten der Teilkategorien.




Wie wird getestet?

Unabhängige Tester spielen jedes Spiel mindestens achtmal, für ausgewiesene Kinderspiele werden zusätzlich Kinder hinzugezogen. Die Bewertungen erfolgen auf Basis eines für jedes Spiel individuell zugeschnittenen Fragebogens im Rahmen einer 10stufigen Skala. Beurteilt werden folgende Aspekte:

  • Ausstattung und Zubehör (15% der Gesamtwertung)

Egal ob Spielkarton, Karten, Würfel oder Spielfiguren – um auch langfristig etwas vom Spiel zu haben, sollte das gesamte Spielmaterial entsprechend wertig und solide sein. Auch Optik und Haptik der Materialien stehen in dieser Kategorie im Fokus.

  • Anleitung (15% der Gesamtwertung)

Als Einstieg in die neue Spielewelt ist die Spielanleitung von zentraler Bedeutung. Sie sollte verständlich, übersichtlich, von der Länge her angemessen und anschaulich gestaltet sein.

  • Spielerlebnis (30% der Gesamtwertung)

Spiele können für Spannung sorgen, Spaß bereiten, die sozialen Kompetenzen, das Erinnerungsvermögen, Geduld oder die Konzentration fördern, sie können lehrreich sein, helfen, Niederlagen zu verkraften – und noch vieles mehr. Entscheidend ist ein möglichst intensives Spielerlebnis. Ob und wie die Spiele dieses vermitteln, steht im Mittelpunkt dieser wichtigen Teilkategorie.   

  • Spielidee (30% der Gesamtwertung)

Ist die Spielidee innovativ oder handelt es sich um eine Auflage längst bekannter Spiele, nur im neuen Design? Wie logisch ist die Spielidee? Wurde die Spielidee gut eine entsprechende Spiel-Mechanik übersetzt? Überzeugt das Spielkonzept insgesamt?

  • Spielempfehlung (10% der Gesamtwertung)

Alle Bewertungsdimensionen spiegeln sich quasi in der finalen Empfehlungsfrage an die Tester wider – nämlich: Wie wahrscheinlich ist es, dass sie das Spiel Freunden und Bekannten weiterempfehlen?