Emissions-Monitor 2023: Versicherungen & TK-Netzbetreiber

Emissions-Monitor 2023: Versicherungen & TK-Netzbetreiber
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Die Zweifel wachsen, dass die Pariser Klimaziele – die Begrenzung der durchschnittlichen Erdtemperatur auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau – noch zu erreichen sind. Klar ist aber, dass ein resigniertes „Weiter so“ fatal wäre, da selbst kleinste Nachkommastellen bei der Erderwärmung verheerende Folgen haben werden. So steht mittlerweile bei vielen Unternehmen die Reduzierung von Treibhausgasen weit oben auf der Agenda. Mit welchem Erfolg – das untersucht die neue Studienreihe der DtGV „Emissions-Monitor“, die den Corporate Carbon Footprint, also den CO2-Fußabdruck von Unternehmen, aus mehreren Blickwinkeln untersucht.

Da ein Emissionsvergleich beispielsweise eines Stahlwerks mit einem Finanzinstitut nur begrenzt aussagekräftig wäre, richtet sich der Blick des Emissions-Monitors jeweils gezielt auf eine Branche – und vergleicht somit nur Unternehmen, die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ähnliche Produkte herstellen oder ähnliche Dienstleistungen erbringen.

Den Auftakt des Emissions-Monitors bilden die Studien zu den Branchen Versicherungen sowie Telekomunikations-Netzbetreiber. Das Untersuchungsmodell für diese sowie auch für alle weiteren Branchen basiert auf drei Säulen, die weiter unten noch genauer erläutert werden:

  1. Carbon Intensity Score
  2. Compound Annual Reduction Rate (CARR-Wert)
  3. Transparenz & Qualität der Berichterstattung

Als Datengrundlage für den Emissions-Monitor dienen die offiziellen Nachhaltigkeitsberichte (CSR- / ESG-Reporting) der Unternehmen bzw. die dort veröffentlichten „Scope“ Emissionswerte. Treibhausgase, die durch die Unternehmen innerhalb eines (Geschäfts-) Jahres entstehen, werden hier den entsprechenden Geltungsbereichen (Scope 1-3) zugeteilt und als Zahlenwert in Tonnen CO2-Äquivalent (CO2e) wiedergegeben. Einbezogen wird jeweils der jüngste vorliegende Nachhaltigkeitsbericht (z.Z. i.d.R. 2021) – sowie standardmäßig der Nachhaltigkeitsbericht von 2017 (falls noch nicht vorhanden: 2018 oder 2019).

Begriffsklärung: Scope-Werte

Zur Erläuterung: Scope 1-Werte umfassen alle Emissionen, die ein Unternehmen bzw. eine Organisation direkt verursacht. Bei beispielsweise TK-Unternehmen mit eigenen Netzen zählen dazu Emissionen, die im Kontext Netzbetrieb entstehen (z.B. Serverfarmen-Betrieb, Kühlmittel, Fuhrpark etc.) sowie sonstige Bereiche des Geschäftsbetriebs (z.B. Gebäudeheizungen, Notstrom-Aggregate etc.).

Scope 2-Werte beziehen sich auf indirekt erzeugte Emissionen, die durch die Nutzung von eingekauftem Strom, Dampf, Wärme oder Kälte entstehen. Für die Klimabilanz eines Unternehmens ist entscheidend, wie „grün“ diese zugekaufte Energie produziert wird. Unterschieden wird zwischen einer „ortsbasierten“ Berechnungsmethode, bei der der Durchschnittswert des örtlichen Stromnetzes entscheidend ist, in dem sich das Unternehmen physisch befindet – und einer „marktbasierten“ Messmethode (market-based), bei der ausschlaggebend ist, was gezielt über das Stromnetz gekauft wurde.

Der Emissions-Monitor nimmt ausschließlich Unternehmen auf, für die marktbasierte Daten vorliegen. Dies aus Gründen der Vergleichbarkeit – aber auch, da die marktbasierten Daten die Emissionen aufzeigen, für die das Unternehmen durch seine Kaufentscheidungen bzw. Tarif-Wahl verantwortlich ist.

Unter Scope 3-Emissionen schließlich versteht man klimaschädliche Gase, die in der vor- und nachgelagerten Lieferkette bzw. entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens indirekt freigesetzt werden bzw. die nicht im Kontrollbereich des bilanzierenden Unternehmens liegen und die von diesem auch nur schwer beeinflusst werden können.

Scope 3-Emissionen sind nur schwer zu erfassen – noch fehlt es in Teilen an genauen Inhaltsbereichen sowie einheitlichen Berechnungsmethodiken – und gelten daher als häufig ungenau und fehleranfällig. Daher stützt sich der Emissions-Monitor ausschließlich auf die Scope 1 und 2-Daten.

Bewertungsmethodik

Die Ergebnisse der Säule 1 – „Carbon Intensity Score“ (Scope/Umsatz Score) – fließen mit einem Gewicht von 50% in das Gesamtergebnis ein. Hier werden die Scope 1- und Scope 2- Emissionen des aktuellsten Jahres addiert und durch eine Messgröße, die Aufschluss über den Unternehmenserfolg bzw. das Geschäftsvolumen gibt, geteilt (z. B. TK-Unternehmen: Umsatz (in Mio. €), Versicherer: Gebuchte Bruttobeiträge (in Mio. €), Banken: Bilanzsummen (in Mio. €/ Mrd. €), Fluglinien: Passagierkilometer, etc.).

Ein Carbon Intensity Score von 7,3 bedeutet beispielsweise, dass 7,3 Tonnen CO2e (Scope 1 + 2) Emissionen pro 1 Million Euro Umsatz vom Unternehmen ausgestoßen wurden.

Mit einem Gewicht von 30% Gewicht geht die Säule 2, die „Compound Annual Reduction Rate“, in das Gesamtergebnis ein. Für den sogenannten CARR-Wert wird der aktuellste Carbon Intensity Score mit dem von 2017 (bis 2019, wenn nicht früher verfügbar) verglichen und ein Prozentsatz über die durchschnittliche jährliche Entwicklung gebildet. Beispiel: Ein CARR-Wert von 13,5% bedeutet, dass sich die Carbon Intensity seit 2017 jährlich um durchschnittlich 13,5% reduziert hat.

20% Gewicht am Gesamtergebnis hat die dritte Säule des Untersuchungsmodell „Transparenz & Qualität der Berichterstattung“.  Anhand von elf Einzelkriterien werden Aspekte wie u.a. die Art und Einfachheit der Berichterstattung, Umfang und Transparenz der Emissionsbilanzierung bzw. Detailwert-Nennungen, Berichts- und Messnorm-Anlehnung sowie das Vorliegen externer Prüfungen analysiert.

Bewertet wurde innerhalb der Säulen 1 und 2 mit dem Ansatz der relativen Bewertungslogik – d.h. der jeweils beste Wert wurde auf 100% gesetzt und alle anderen Werte von diesem abgeleitet. Um bei Säule 1 einen Wertungsbereich von 0-100% erstellen zu können, wurde als relativer Minimalwert ein in der Datenwissenschaft anerkannter Grenzwert genutzt, der aus einer Rechnung des Interquartilsabstands hervorgeht (Quartil 3 + 3 x IQA).

Säule 3 folgt einer Punktelogik: Die tatsächlich erreichte Punktzahl wird in Relation zur theoretisch erreichbaren Maximal-Punktzahl (= 100%) gesetzt.

Für alle drei Säulen wurden die individuellen Prozentwerte dann zur späteren Veranschaulichung in einen Score-Wert transformiert, der sich von 0-50 Punkte erstreckt (100% = 50 Pkt., 0% = 0 Pkt.). Die je Unternehmen drei Einzelwerte wurden final mit der jeweiligen Gewichtung zu einem Gesamtwert kombiniert.

Versicherungen

Von den weit über 100 untersuchten Versicherungen qualifizierten sich am Ende 17 Unternehmen für die Aufnahme in den Emissions-Monitor. Bei den anderen lagen entweder keine Nachhaltigkeitsberichte mindestens der Jahre 2019-2021 vor, fehlten zentrale Angaben oder wiesen keine marktbasierten Scope 2-Werte aus.

Mit dem höchsten Gesamt-Score belegte die Nürnberger Versicherungsgruppe den ersten Platz der Untersuchung. Die Nürnberger hat den Bezug von Strom an der Generaldirektion mittlerweile auf 100% Ökostrom aus erneuerbaren Energien umgestellt und weist somit im aktuellsten (2021) Nachhaltigkeitsbericht einen Scope 2-Wert von 0 aus – der einzige Wert, bei dem es unerheblich ist, ob dieser markt- oder ortsbasiert ist. Auch in anderen Bereichen tragen die Bemühungen um Energieeffizienz Früchte – so erzielte die Nürnberger den besten CARR-Wert aller untersuchten Versicherung. Auch wenn es bei der Transparenz und Qualität der Berichterstattung noch Luft nach oben gibt, reicht es am Ende für die Auszeichnung „Best in Class“.

Mit fast identischem Carbon Intensity Score, aber doch deutlich geringerem CARR-Wert, erlangt die Barmenia Versicherungsgruppe Platz zwei und wurde ebenso wie die Wüstenrot & Württembergische AG mit dem Prädikat „TOP 3 in Class“ ausgezeichnet. Mit einem überdurchschnittlichen Gesamt-Scorewert folgen im Ranking die Allianz Group und die Signal Iduna Gruppe („TOP 5 in Class“) sowie die ebenfalls prämierten Versicherer „die Bayerische“, Munich RE und die SV SparkassenVersicherung.

Einen Überblick über die Ergebnisse aller untersuchten Versicherungen in der Gesamtwertung und den Teilkategorien finden Sie hier.

Telekommunikations-Netzbetreiber

Zur Aufnahme in den Emissions-Monitor „Telekommunikations-Netzbetreiber“ waren zunächst zwei Spezifika Voraussetzung – sie mussten:

  • über eigene Netze verfügen, d.h. dass Betrieb, Wartung, Ausbau etc. in der Hand der jeweiligen Unternehmen liegen
  • sowohl im Bereich Mobilfunk als auch TV und Internet eigene Netzkapazitäten besitzen

Unternehmen, die Netzkapazitäten Dritter mieten/einkaufen und auf dieser Basis als Provider arbeiten, wurden aus Gründen mangelnder Vergleichbarkeit ebenso ausgeschlossen wie Unternehmen, die lediglich über ein eigenes Netz verfügen (wie z.B. Telefónica Deutschland (O2) mit seinem eigenen Mobilfunknetz).

Da in Deutschland nur zwei Unternehmen diese Merkmale aufweisen, hat die DtGV den Untersuchungsraum auf den DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) erweitert und die Studie in Kooperation mit der ÖGVS – Gesellschaft für Verbraucherstudien sowie dem Schweizer Institut für Qualitätstests (SIQT) länderübergreifend durchgeführt.

Final waren fünf Unternehmen Untersuchungsgegenstand: Die Telekom Deutschland GmbH sowie die Vodafone GmbH als in Deutschland aktive Netzbetreiber, die T-Mobile Austria GmbH und die A1 Telekom Austria AG aus Österreich sowie die Schweizer Swisscom AG. Wegen fehlender Nachhaltigkeitsberichterstattung oder unvollständiger Daten konnten Sunrise sowie Salt Mobile aus der Schweiz und Hutchison Drei Austria nicht berücksichtigt werden.

Als Erstplatzierter ging die Vodafone GmbH aus der DACH-Studie hervor. Vodafone zeigte den besten CARR-Wert sowie einen sehr guten Carbon Intensity Score, was trotz etwas schwächerer Werte bei der Berichterstattung in Summe den höchsten Gesamt-Score (47,33) ergab.

Rang zwei sicherte sich die T-Mobile Austria (Gesamt-Score: 43,46). Der Anbieter wies in Relation zum Umsatz die besten Emissionswerte auf, jedoch lag der CARR-Wert ca. 20 Punkte unterhalb der Bestmarke. Auf den weiteren Plätzen folgten die Telekom Deutschland, die Swisscom und A1 Telekom Austria.

Einen Überblick über die Ergebnisse aller untersuchten Telekommunikations-Netzbetreiber in der Gesamtwertung und den Teilkategorien finden Sie hier.

Ausgezeichnete Unternehmen - Versicherungen & TK-Netzbetreiber

Platzierung Unternehmen Gesamtscore Auszeichnung
Versicherungen
1 NÜRNBERGER Versicherungsgruppe 45,14 Best in Class - Versicherungen
2 Barmenia Versicherungsgruppe 41,29 TOP 3 in Class - Versicherungen
3 Wüstenrot & Württembergische AG 39,05 TOP 3 in Class - Versicherungen
4 Allianz Group 38,42 TOP 5 in Class - Versicherungen
5 SIGNAL IDUNA Gruppe 34,67 TOP 5 in Class - Versicherungen
6 die Bayerische 33,27 TOP in Class - Versicherungen
7 Munich RE 31,88 TOP in Class - Versicherungen
8 SV SparkassenVersicherung 30,97 TOP in Class - Versicherungen
TK-Netzbetreiber
1 Vodafone GmbH 47,33 Best in Class - TK-Netzbetreiber